Effektiver Altruismus: ArtikelFebruary 27, 202300:34:1823.57 MB

Effektiver Altruismus: eine Einführung

von Centre For Effective Altruism

__________________________

Was ist Effektiver Altruismus?

Effektiver Altruismus bezeichnet die Suche nach den besten Wegen, anderen zu helfen, und deren Umsetzung in die Praxis.

Es handelt sich um ein Projekt, das aus zwei komplementären Teilen besteht: zum Einen, einem Forschungsfeld, das sich darauf konzentriert, die wichtigsten globalen Probleme und die besten Lösungen für diese Probleme zu ermitteln. Zum anderen einer Gemeinschaft von Menschen, die in dem Bestreben geeint sind, auf der Grundlage dieser Erkenntnisse Gutes zu tun.

Dieses Projekt ist von großer Bedeutung, denn während viele Versuche, Gutes zu tun, scheitern, sind einige enorm effektiv. So helfen einige Hilfsorganisationen mit den gleichen Mitteln 100- oder sogar 1.000-mal so vielen Menschen wie andere.

Das bedeutet, dass wir die wichtigsten globalen Probleme weitaus besser angehen können, wenn wir sorgfältig über die besten Lösungswege nachdenken.1

Effektiver Altruismus wurde ursprünglich von Wissenschaftler:innen der Universität Oxford begründet. Inzwischen ist Effektiver Altruismus jedoch weltweit verbreitet und wird von Zehntausenden von Menschen in mehr als 70 Ländern angewandt.

Die durch Effektiven Altruismus inspirierten Projekte reichen von der Finanzierung von 200 Millionen Malaria-Netzen über akademische Forschung zur Zukunft der künstlichen Intelligenz (KI) bis hin zu Kampagnen zur Verhinderung der nächsten Pandemie.

Es ist nicht eine bestimmte Lösung für die Probleme der Welt, die diese Projekte eint, sondern eine bestimmte Denkweise. Im Folgenden sind Beispiele der bisherigen Erfolge einiger dieser Projekte aufgeführt, gefolgt von den Werten, die sie verbinden:

Welche Beispiele für Effektiven Altruismus gibt es in der Praxis?

Verhinderung der nächsten Pandemie

Warum dieses Thema?

Effektive Altruist:innen versuchen typischerweise, große, gut lösbare und zu Unrecht vernachlässigte Probleme zu identifizieren, denn das sind diejenigen, auf die eine zusätzliche Person den größten Einfluss nehmen kann.2 Die Verhinderung von Pandemien ist ein Thema, das diese Kriterien zu erfüllen scheint.

Forschende aus dem Feld des Effektiven Altruismus vertraten bereits 2014 die Ansicht, dass angesichts einer Reihe von Beinahe-Ereignissen die Wahrscheinlichkeit hoch sei, dass noch zu unseren Lebzeiten eine große Pandemie ausbrechen würde.

Allerdings war die Vorbereitung auf eine solche Pandemie im Vergleich zu anderen globalen Problemen stark unterfinanziert. So investierte Deutschland vor Corona rund 120 Millionen Euro pro Jahr in Pandemieprävention, während für Terrorismusbekämpfung jährlich rund 260 Millionen Euro bereitgestellt wurden.3

Die Verhinderung von Terroranschlägen ist zweifellos von großer Bedeutung. Aber das Ausmaß dieses Problems unterscheidet sich stark von dem einer Pandemie. Konzentrieren wir uns für den Moment auf die Zahl der Todesopfer: In den letzten 50 Jahren wurden weltweit etwa 500.000 Menschen durch Terrorismus getötet. Covid-19 allein forderte über 21 Millionen Tote4 — oder erinnern wir uns an die 40 Millionen, die tödlich an HIV/AIDS erkrankten.5

Grund zur Sorge bietet außerdem der Umstand, dass eine künftige Pandemie viel verheerender sein könnte als Covid-19: Es bedarf keiner besonderen Fantasie, um sich das Aufkommen einer desaströsen Krankheit vorzustellen, die ansteckender ist als die Omikron-Variante, und so tödlich wie die Pocken. 

Ist ein großes und vernachlässigtes Problem erst einmal identifiziert, sucht die Gemeinschaft Effektiver Altruist:innen nach Lösungen. Diese sollten idealerweise zwei Eigenschaften haben: Sie sollten die Aussicht bieten, einen großen Beitrag zur Behebung des Problems zu leisten, und sie sollten Wege aufzeigen, die von anderen, die sich mit dem Thema befassen, vernachlässigt werden. 

Effektiver Altruismus in Aktion — einige Beispiele

Im Jahr 2016 wurde Open Philanthropy — eine von Effektivem Altruismus inspirierte Förderorganisation — zum größten Geldgeber des Johns Hopkins Center for Health Security (CHS), einer der wenigen Forschungsgruppen, die sich mit der Entwicklung besserer politischer Reaktionen auf Pandemien befassen. In der Folge nahm das CHS eine Schlüsselrolle in der internationalen Antwort auf Covid-19 ein.6

Als Covid-19 ausbrach, gründeten Mitglieder der Effektiven Altruismus (EA)-Gemeinschaft die gemeinnützige Organisation 1DaySooner, die sich für die Durchführung von Impfstoffstudien an menschlichen Probanden einsetzt. Bei dieser Art von Studie lassen sich gesunde Freiwillige absichtlich mit der Krankheit infizieren, sodass der Impfstoff in Rekordzeit getestet werden kann. Als eine der raren Befürworter dieser Maßnahme konnte 1DaySooner über 30.000 Freiwillige7 gewinnen und maßgeblich zum Start der weltweit ersten Covid-19-Studie am Menschen beitragen. Dieses Modell könnte bei künftigen Pandemien ein wertvolles Werkzeug sein.

Mitglieder der EA-Bewegung wirkten außerdem an der Ausarbeitung des Apollo-Programms zur Biosicherheit mit: einem milliardenschweren politischen Entwurf, der die nächste Pandemie verhindern soll.

Bereitstellung medizinischer Grundversorgung in Entwicklungsländern

Warum dieses Thema?

Es heißt gemeinhin, dass Wohltätigkeit zu Hause beginnt, aber im Effektiven Altruismus beginnt Wohltätigkeit dort, wo wir am meisten helfen können. Oftmals bedeutet dies, sich auf die Menschen zu konzentrieren, die das derzeitige System am meisten vernachlässigt — nicht selten sind das diejenigen, die am weitesten von uns entfernt leben.

Über 700 Millionen Menschen leben von weniger als 1,80 € pro Tag.8

Im Gegensatz dazu verfügen Deutsche, die an der Armutsgrenze leben, über das 20-fache und Deutsche mit einem Masterabschluss gar über das 90-fache. Damit gehören sie weltweit zu den reichsten 1 %.9 (Diese Beträge sind bereits um die Tatsache bereinigt, dass die gleiche Summe Geld in ärmeren Ländern eine höhere Kaufkraft hat.)

Die globale Ungleichheit ist extrem. Deshalb kann eine Umverteilung von Ressourcen an die Ärmsten der Welt enorm viel Gutes bewirken. In einem wohlhabenden Land wie Deutschland ist die Regierung regelmäßig bereit, über 50.000 € auszugeben, um ihren Bürger:innen ein Jahr in voller Gesundheit zu sichern.10 Das ist durchaus sinn- und wertvoll, doch in den ärmsten Ländern der Welt sind die Kosten für die Sicherung eines gesunden Lebensjahres weitaus geringer.

GiveWell ist eine Organisation, die umfassende Recherchen betreibt, um die fundiertesten und kosteneffizientesten Gesundheits- und Entwicklungsprojekte zu finden. So konnte GiveWell ermitteln, dass es im  gemeinnützigen Sektor viele Interventionen gibt, die praktisch wirkungslos sind, während andere mit einer verblüffenden Kosteneffizienz hervortreten. Ein langjähriger Spitzenreiter ist die Malariabekämpfung durch die Verteilung von mit Insektiziden behandelten Bettnetzen. Das ist eine Maßnahme, die skalierbar ist und ein gesundes Lebensjahr für rund 175 € sichert. Der vergleichbare Nutzen eines „guten Jahres” wird also rund 280-mal günstiger erreicht als bei routinemäßig durchgeführten Behandlungen im deutschen Gesundheitssystem.11 Diese elementaren medizinischen Maßnahmen sind so günstig und wirksam, dass selbst die größten Skeptiker:innen von Entwicklungshilfe sie für sinnvoll halten.


Effektiver Altruismus in Aktion — einige Beispiele

Mehr als 110.000 Einzelspender:innen haben die Forschung von GiveWell genutzt, um mehr als 1 Milliarde Dollar an die von GiveWell empfohlenen Wohltätigkeitsorganisationen zu spenden und damit Organisationen wie die Against Malaria Foundation zu unterstützen, die mehr als 200 Millionen mit Insektiziden behandelte Bettnetze verteilt hat. Insgesamt werden diese Bemühungen mehr als 4,7 Millionen gesunde Lebensjahre ermöglichen.12

Neben der Wohltätigkeit ist es auch möglich, den Ärmsten der Welt durch wirtschaftliche Innovationen zu helfen. Wave, ein von Mitgliedern der EA-Bewegung gegründetes Technologieunternehmen, ermöglicht schnelle Geldtransfers in verschiedene afrikanische Länder. Und das um ein Vielfaches billiger als bestehende Dienste. Das Angebot ist besonders hilfreich für Migrant:innen, die Geld an ihre Familien im Herkunftsland schicken, und wird von über 800.000 Menschen in Ländern wie Kenia, Uganda und Senegal genutzt. Allein im Senegal hat Wave seinen Nutzer:innen Hunderte von Millionen Dollar an Überweisungsgebühren erspart — etwa 1 % des nationalen Bruttoinlandsprodukts.13

Das Forschungsfeld der KI-Sicherheit ausbauen

Warum dieses Thema?

Effektive Altruist:innen konzentrieren sich oft auf Themen, die kontraintuitiv, obskur oder übertrieben scheinen. Der Grund dafür ist, dass es (bei gleichen Voraussetzungen) effektiver ist, an den Themen zu arbeiten, die von anderen vernachlässigt werden. Diese Themen werden (quasi per Definition) unkonventionell sein. Ein Beispiel ist das Problem der KI-Sicherheit (engl.: AI safety).

Künstliche Intelligenz macht rasante Fortschritte. Die führenden KI-Systeme sind heute in der Lage, sich in begrenztem Umfang zu unterhalten, Matheaufgaben auf Hochschulniveau zu lösen, Witze zu erklären, extrem realistische Bilder zu Texten zu generieren und einfache Programmieraufgaben zu lösen.14 Nichts von alledem war vor zehn Jahren möglich.

Das letztendliche Ziel der führenden KI-Labore ist es, eine KI zu entwickeln, die dem Menschen in allen Anforderungen ebenbürtig oder sogar überlegen ist. Es ist äußerst schwierig, die Zukunft von Technologien vorherzusagen. Verschiedene Argumente und Expert:innenbefragungen deuten jedoch darauf hin, dass wir die Entwicklung von dem Menschen ebenbürtigen oder überlegenen KI-Systemen noch binnen dieses Jahrhunderts erleben werden. Sobald eine solche „starke KI“ erst einmal auf menschlichem Niveau operiert, könnte sich der technologische Fortschritt laut gängiger Wirtschaftsmodelle dramatisch beschleunigen. 

Das Ergebnis wäre ein enormer Wandel, möglicherweise von ähnlicher oder größerer Tragweite als die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts. Wenn wir diesem Wandel mit Umsicht und Geschick begegnen, könnte er allgemeinen Wohlstand und Überfluss bedeuten.  Sollten unsere Bemühungen jedoch scheitern, könnte er die Menschheit in ein düsteres Zeitalter der Ohnmacht stürzen. 

Im schlimmsten Fall könnten wir die Kontrolle über die KI-Systeme selbst verlieren. Unfähig die systematisch überlegenen Wesen zu steuern, hätten wir fortan so wenig Kontrolle über unsere Zukunft wie Schimpansen über die ihre. Ferner birgt eine derart mächtige Technologie in den falschen Händen die Gefahr einer übermäßigen Machtkonzentration.

Das bedeutet, dass dieses Problem nicht nur dramatische Auswirkungen auf die jetzige Generation, sondern auch auf alle künftigen Generationen haben könnte. Dieser Umstand macht das Problem der KI-Sicherheit zu einem zentralen Thema im sogenannten Longtermism. Longtermism ist eine Denkschule innerhalb des Effektiven Altruismus, die es als eine moralische Priorität unserer Zeit ansieht, für den Schutz und die Qualität unserer langfristigen Zukunft einzustehen.

Das Problem der KI-Sicherheit besteht also in der Herausforderung, sicherzustellen, dass KI-Systeme auch in Zukunft menschliche Werte fördern, selbst wenn ihre Fähigkeiten ein menschliches oder übermenschliches Niveau erreichen. Um diese gewaltige Herausforderung zu meistern, sind erhebliche Fortschritte in der Informatik und benachbarten Disziplinen erforderlich. 

Bis dato ruht diese potenziell historische Verantwortung jedoch auf den Schultern von nur wenigen hundert Forschenden, während Zehntausende daran arbeiten, KI-Systeme noch leistungsfähiger zu machen.15



Es ist schwierig, dieses Problem in ein paar Absätzen zusammenzufassen. Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, empfehlen wir Dir: 

Effektiver Altruismus in Aktion — einige Beispiele

Eine der Hauptaufgaben besteht schlicht darin, mehr Menschen über dieses Thema zu informieren. Das 2014 erschienene Buch Superintelligenz, in dem die Bedeutung der KI-Sicherheit dargelegt wird, landete auf der Bestsellerliste der New York Times.

Eine weitere Priorität ist der Aufbau eines Forschungsbereichs, der sich mit diesem Problem befasst. So haben der KI-Pionier Stuart Russell und seine Kolleg:innen in einer von Effektivem Altruismus inspirierten Initiative das Center for Human-Compatible AI an der UC Berkeley gegründet. Das Institut hat sich zum Ziel gesetzt, ein neues Leitbild der KI-Forschung zu entwickeln, bei dem die Förderung menschlicher Werte im Mittelpunkt steht.

Andere haben dazu beigetragen, in großen KI-Laboren wie DeepMind und OpenAI Teams zu gründen, die sich mit der Ausrichtung von KI befassen, und haben Forschungsziele für die Ausrichtung von KI formuliert.

Massentierhaltung abschaffen

Warum dieses Thema?

Effektive Altruist:innen versuchen, den Kreis der Wesen, die sie in moralische Betrachtungen einbeziehen, auszuweiten — nicht nur auf Menschen, die in fernen Ländern leben, oder auf künftige Generationen, sondern auch auf nicht-menschliche Tiere.  

In Deutschland leben und sterben jedes Jahr etwa 720 Millionen Tiere in Massentierhaltung.16 Ihre Lebensbedingungen sind den Produktionsbedingungen weitestgehend untergeordnet. Die resultierenden Grausamkeiten reichen von dem Versagen grundlegender Bedürfnisse (Sozialkontakt, Rückzug, Bewegung) bis hin zu Schnabelkürzen, Kupieren von Schwänzen und Qualzucht. 

Die Ansicht, dass wir Tiere nicht unnötig leiden lassen und eine friedliche Koexistenz mit ihnen anstreben sollten, ist keineswegs eine Randmeinung. Allerdings gilt dieses Mitgefühl im Allgemeinen eher Haustieren als Nutztieren. Gleichzeitig werden nur wenige behaupten wollen, dass beispielsweise ein Schwein weniger leidensfähig ist als ein Hund.

In Deutschland leben über 20-mal mehr Tiere in Massentierhaltung als in Privathaushalten.17


Trotzdem werden in Deutschland jährlich 6 Milliarden Euro in das Wohlergehen von Haustieren investiert, während es für Nutztiere nur ca. 40 Millionen Euro sind.18

Effektiver Altruismus in Aktion — einige Beispiele

Eine Strategie ist die Lobbyarbeit. Eine Erfolgsgeschichte auf diesem Gebiet ist eine Kampagne der Open Wing Alliance, die substanziell durch von Effektivem Altruismus inspirierte Investoren unterstützt wurde. Die Kampagne verpflichtete Großunternehmen dazu, keine Eier mehr aus Legebatterien zu kaufen, wodurch in den vergangenen 8 Jahren weltweit mehr als 100 Millionen Hennen aus der Käfighaltung befreit werden konnten.19

Eine weitere Strategie besteht darin, alternative Proteine zu entwickeln. Der Plan ist, die Nachfrage für Fleisch aus Massentierhaltung durch das Angebot billigerer und schmackhafterer Alternativen zu minimieren. Das Good Food Institute arbeitet daran, diese Industrie in Schwung zu bringen, indem es die Gründung von Unternehmen wie Dao Foods in China und Good Catch in den USA unterstützt, große Unternehmen zum Einstieg in die Branche ermutigt (darunter JBS, der größte Fleischkonzern der Welt) und staatliche Forschungsförderung in zweistelliger Millionenhöhe sichert.20

Open Philanthropy war außerdem ein früher Investor in Impossible Foods, dem Hersteller des Impossible Burger — eines rein veganen Burgers mit verblüffend fleischähnlichem Geschmack, der inzwischen auch bei Burger King vertrieben wird.

Entscheidungsfindung verbessern

Warum dieses Thema?

Im Allgemeinen ist es motivierender, die Auswirkungen des eigenen Handelns vor Augen zu haben. Menschen, die Gutes tun wollen, ziehen es daher oft vor, Probleme direkt anzugehen. Aber was wirklich zählt, ist, dass die Welt besser wird und nicht, durch wessen Hände das geschieht. Effektive Altruist:innen versuchen daher oft, indirekt zu helfen, indem sie andere zu gutem Handeln befähigen.

Ein Beispiel hierfür ist die Verbesserung von Entscheidungsprozessen. Die Idee: Wenn die wichtigsten Akteur:innen — wie Politiker:innen, Führungskräfte des privaten und des dritten Sektors oder Geldgeber:innen in Fördereinrichtungen — generell bessere Entscheidungen treffen würden, wäre die Gesellschaft besser für zukünftige Probleme gewappnet, ganz gleich, wie diese sich darstellen mögen.

Wenn wir also neue, bislang versäumte Wege finden können, um die Entscheidungsfindung wichtiger Akteur:innen zu verbessern, könnte das sehr positive Auswirkungen haben. Glücklicherweise scheint es bereits einige vielversprechende Lösungen zu geben.

Effektiver Altruismus in Aktion — einige Beispiele

Viele globale Probleme werden verschärft, wenn ein Mangel an vertrauenswürdigen Informationen herrscht. Metaculus ist eine Prognoseplattform, die wichtige Fragen (wie z. B. die Wahrscheinlichkeit einer russischen Invasion in der Ukraine) identifiziert, die Prognosen von Hunderten von Analyst:innen zusammenfasst und anhand ihrer bisherigen Genauigkeit gewichtet. Mitte Januar 2022 gab Metaculus  die Wahrscheinlichkeit eines russischen Einmarsches in der Ukraine mit 47 % und kurz vor dem Einmarsch am 24. Februar mit 80 % an21 — zu einem Zeitpunkt, zu dem viele Beobachter:innen, Journalist:innen und Fachleute sagten, dass eine russische Invasion ausgeschlossen sei. 

Das Global Priorities Institute an der Universität Oxford betreibt hochwertige Grundlagenforschung an der Schnittstelle von Philosophie und Wirtschaft. Sein Ziel ist es, herauszufinden, wie wichtige Entscheidungsträger:innen die weltweit dringendsten Probleme erkennen können. Das Institut hat dazu beigetragen, das Feld der globalen Prioritätenforschung zu etablieren, eine wissenschaftliche Agenda zu entwickeln, Dutzende von Publikationen zu veröffentlichen und einschlägige Forschungsarbeiten an zahlreichen Universitäten anzuregen, darunter Harvard, Yale und Princeton.

Welche Werte kennzeichnen Effektiven Altruismus?

Effektiver Altruismus ist nicht durch die oben genannten Projekte definiert. Welche Themen den aktuellen Diskurs bestimmen, kann sich jederzeit ändern. Effektiver Altruismus ist die Suche nach den besten Wegen, anderen zu helfen. Was ihn ausmacht, sind die Werte, die dieser Suche zugrunde liegen:

  1. Priorisierung: Bei altruistischem Handeln ist unsere Intuition in der Regel blind gegenüber der Größenordnung der Ergebnisse — wenn wir 100 Menschen helfen, sind wir oft genauso zufrieden, wie wenn wir 1.000 helfen. Da jedoch manche Wege, Gutes zu tun, wesentlich mehr bewirken als andere, ist es unerlässlich, den Nutzen verschiedener Maßnahmen abzuschätzen. Jeder Beitrag zu einer besseren Welt hat einen Wert. Stehen wir jedoch vor einer Auswahl ungleich wirksamer Alternativen, sollte es unser Ziel sein, die beste zu finden.
  2. Unparteiischer Altruismus: Wir glauben daran, dass alle Menschen gleich viel zählen. Natürlich ist es vernünftig, sich besonders um die eigene Familie, Freund:innen und das eigene Leben zu kümmern. Aber wenn wir die verbleibende Zeit und Ressourcen nutzen, um so viel Gutes wie möglich zu tun, wollen wir die Interessen aller Menschen gleichwertig berücksichtigen, unabhängig davon, wo und wann sie leben. Das bedeutet, die Gruppen unterstützen, die am meisten vernachlässigt werden, was in der Regel heißt, sich auf diejenigen zu konzentrieren, denen die Macht fehlt, ihre eigenen Interessen zu schützen.
  3. Offene Wahrheitssuche: Anstatt sich auf ein bestimmtes Problem, eine bestimmte Gemeinschaft oder einen bestimmten Lösungsansatz festzulegen, ist es wichtig, viele verschiedene Möglichkeiten zu helfen in Betracht zu ziehen und nach den besten zu suchen. Das bedeutet, sorgfältig über die eigenen Überzeugungen nachzudenken, stets aufgeschlossen für neue Beweise und Argumente zu sein und bereit zu sein, die eigenen Ansichten radikal zu ändern.
  4. Gemeinschaftsgeist: Wer zusammen arbeitet, kann mehr erreichen — und gute Zusammenarbeit erfordert ein hohes Maß an Ehrlichkeit, Freundlichkeit und Gemeinschaftssinn. Der Effektive Altruismus hat nichts mit „der Zweck heiligt die Mittel“ zu tun, sondern vielmehr damit, ein guter Mitmensch zu sein und gleichzeitig engagiert auf eine bessere Welt hinzuarbeiten.

Alle, die diese Werte teilen und nach besseren Möglichkeiten suchen, anderen zu helfen, betreiben Effektiven Altruismus. Dies gilt unabhängig davon, wie viel Zeit oder Geld man investiert und auf welches Thema man sich konzentrieren möchte.

Man kann Effektiven Altruismus mit der wissenschaftlichen Methode vergleichen. Wissenschaft verwendet Evidenz und Vernunft auf der Suche nach der Wahrheit — auch wenn die Ergebnisse unintuitiv sind oder mit Konventionen brechen. Effektiver Altruismus verwendet Evidenz und Vernunft auf der Suche nach den besten Wegen, Gutes zu tun.

Die wissenschaftliche Methode beruht auf einfachen Ideen (z. B. dass man seine Überzeugungen überprüfen sollte), aber sie hat die Macht, uns zu einem vollkommen neuen Verständnis der Welt zu führen (z. B. der Quantenmechanik). Ebenso basiert Effektiver Altruismus auf einfachen Ideen — dass wir Menschen gleich behandeln sollten und dass es besser ist, mehr Menschen zu helfen als weniger. Gleichzeitig führt er zu einem unkonventionellen und sich stets weiterentwickelnden Bild davon, was es heißt, Gutes zu tun.

Wie du aktiv werden kannst: 

Beliebte Möglichkeiten, Effektiven Altruismus zu praktizieren, sind unter anderem die Folgenden: 

  • Eine Karriere zu wählen, die zur Lösung dringender Probleme beiträgt, oder Wege zu finden, Deine bereits erworbenen Fähigkeiten einzubringen. Hierfür bietet 80,000 Hours hervorragende Beratung. 80,000 Hours ist eine gemeinnützige Organisation, die Teil der EA-Bewegung ist.
  • An ausgewählte Wohltätigkeitsorganisationen spenden. Empfehlungen und Spendenberatung bietet das Team von Effektiv Spenden. Außerdem findest Du bei GiveWell und Giving What We Can sorgfältig recherchiertes Material zu diesem Thema.
  • Das Gründen neuer Organisationen, die zur Lösung dringender Probleme beitragen.
  • Hilfe beim Aufbau von Gemeinschaften, die gemeinsam Gutes tun.

Hier findest Du eine längere Liste von Möglichkeiten.

Die obige Liste ist nicht erschöpfend. Du kannst Effektiven Altruismus anwenden, ganz gleich in welchem Ausmaß und in welchem Lebensbereich — entscheidend ist, dass Deine Bemühungen von den vier vorgenannten Werten geleitet werden und Du Dein Bestes gibst, Deine Hilfe effektiv zu gestalten.

Dabei geht es in der Regel darum, große und vernachlässigte Probleme zu identifizieren, die wirksamsten Lösungen für diese Probleme zu erkennen und Wege zu finden, wie Du zu diesen Lösungen beitragen kannst — und zwar mit der Zeit oder dem Geld, das Du zu geben bereit bist.

Dabei wirst Du womöglich feststellen, dass diese Mittel weitaus mehr bewirken können, wenn Du sie gezielt und überlegt einsetzt. Es ist keine ferne Utopie, im Laufe eines Berufslebens Hunderten von Menschen ein längeres und erfüllteres Leben zu ermöglichen. Indem Du Dich mit anderen in der EA-Bewegung zusammentust, kannst Du an dem Gespräch über die besten Möglichkeiten, Gutes zu tun, teilnehmen und ambitionierte Projekte unterstützen, die aus diesem Gespräch hervorgehen.

Häufige Fragen

Wer hat diese Webseite erstellt und wozu?

effektiveraltruismus.de wurde von Effektiver Altruismus Deutschland e.V. erstellt. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, der sich dem Aufbau und der Förderung eines bundesweiten Netzwerks von Menschen widmet, die sorgfältig über die größten Probleme der Welt nachdenken und wirksame Maßnahmen ergreifen, um sie zu lösen. Dazu bieten wir Koordination, Kommunikation, Programme und professionelle Services an und dienen als zentrale Anlaufstelle für die deutsche EA-Bewegung.

effektiveraltruismus.audio wurde von Stephan Dalügge und Jakob Blaumer erstellt, um EA-Texte als Narrationen verfügbar zu machen.

Was ist die Definition von „Effektiver Altruismus“?

Effektiver Altruismus ist ein Projekt, bei dem es darum geht, die besten Wege zu finden, um anderen zu helfen, und seine Erkenntnisse dann praktisch umzusetzen.

Grob gesagt kann das Projekt unterteilt werden in ein Forschungsfeld, das sich mit der Frage beschäftigt, wie wir anderen möglichst effektiv helfen können, und einer praxisorientierten Gemeinschaft von Menschen, die versuchen, die aus dieser Forschung gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen.

Jemand betreibt Effektiven Altruismus, wenn sie oder er an einem dieser Projekte partizipiert, d. h. nach effektiven Wegen sucht, anderen zu helfen, oder die eigenen Ressourcen für die Umsetzung der besten bekannten Wege zu helfen verwendet.

Effektiver Altruismus sagt nichts darüber aus, wie viel man geben sollte. Wichtig ist, was man an Zeit und Geld bereit ist zu geben, möglichst effektiv zu geben.

In der nächsten Frage geht es darum, was „anderen helfen“ oder „Gutes tun“ heißen könnte.

Für eine präzisere Definition von „Effektiver Altruismus“, siehe hier.

Was heißt „anderen helfen“ oder „Gutes tun“ im Effektiven Altruismus?

Was „Gutes tun“ bedeutet, ist Thema aktiver Diskussionen und Forschungsfragen innerhalb der Bewegung. Viele in der Bewegung involvierte Menschen halten unterschiedliche moralische Ansichten.

Meistens verstehen Leute unter „Gutes tun“, mehr Personen glückliche, erfüllte Leben zu ermöglichen — im Einklang mit ihren Wünschen und frei von vermeidbarem Leid — und dies zu tun, ohne etwas von vergleichbarer moralischer Wichtigkeit zu opfern.

Effektiver Altruismus hat diesen Fokus, weil das Erhöhen von Wohlergehen ein Ziel ist, hinter dem sich viele Menschen versammeln können. Das heißt nicht, dass nur das Vergrößern von Wohlergehen wichtig ist. Menschen in der EA-Bewegung haben oft viele weitere Werte.

Weil unsicher ist, was moralisch wichtig ist, versuchen Menschen in der EA-Bewegung andere weithin adoptierte Werte in ihrem Bestreben, Gutes zu tun, zu respektieren. Effektiver Altruismus heißt nicht „der Zweck heiligt die Mittel“. Vielmehr geht es darum, ein guter Mitmensch zu sein, und dabei ehrgeizig auf eine bessere Welt hinzuarbeiten.

Hier kannst du mehr dazu lesen, wie 80,000 Hours „Gutes tun“ definiert.

Für eine präzisere Definition, siehe diese Definition von „Effektiver Altruismus“ vom Philosophen und Mitgründer von Effektivem Altruismus William MacAskill.

Wo liegen die Ursprünge von Effektivem Altruismus?

Effektiver Altruismus entstand, als mehrere Bewegungen aus verschiedenen Ländern zusammenkamen — einschließlich Giving What We Can, das Future of Humanity Institute in Oxford, die Rationalitäts-Bewegung aus dem Silicon Valley und das damals in New York ansässige GiveWell.

Der Begriff „Effektiver Altruismus“ entstand 2011 in Oxford als Teil des Namens des Centre for Effective Altruism und entwickelte sich danach zu einem Begriff, der die ganze Bewegung bezeichnete.

Für manche Effektive Altruist:innen liegen die intellektuellen Inspirationen bei evidenzbasierter Medizin und Policy; für manche bei angewandtem Utilitarismus und für andere bei der Forschung zu Heuristiken und kognitiven Verzerrungen bei menschlicher Entscheidungsfindung.

Hier ein Vortrag zur intellektuellen Geschichte von Effektivem Altruismus von Toby Ord, hier eine Begriffsgeschichte von „Effektiver Altruismus“ und hier eine Chronologie der Bewegung.

Welche Ressourcen haben Leute inspiriert, sich im Bereich Effektiver Altruismus zu engagieren?

Einige Texte, die Menschen inspiriert haben sich im Effektiven Altruismus zu engagieren, die aber nicht notwendigerweise repräsentativ für die Bewegung in ihrer heutigen Form sind:

Und auf Englisch:

Welche Relevanz hat Effektiver Altruismus?

Kurz gesagt:

  1. Viele Menschen möchten Gutes tun.
  2. Manche Arten, Gutes zu tun, erreichen mit der gleichen Menge an Ressourcen deutlich mehr als andere.
  3. Diese Unterschiede in Sachen Effektivität sind wenig bekannt und es wird selten dementsprechend gehandelt.

Das bedeutet, dass Menschen besonders viel Gutes tun können, wenn sie nach den effektivsten Möglichkeiten dafür suchen, wenn sie gewonnenes Wissen verbreiten und dementsprechend handeln.

So kann sogar Gutes getan werden, wenn die Menge an Ressourcen, die für gute Zwecke aufgewandt wird, nicht steigt, sondern nur effektiver mit ihnen umgegangen wird.

Mehr dazu.

Woran arbeiten Menschen, die sich für Effektiven Altruismus interessieren?

Menschen, die sich für Effektiven Altruismus interessieren, arbeiten an einer Vielzahl von Problemen.

Benjamin Todd schätzt, dass Gelder im Jahr 2019 ungefähr folgendermaßen eingesetzt wurden:

Viele, die Gutes tun wollen, tun dies, indem sie Karrieren wählen, in denen sie an dringenden Problemen arbeiten können. Diese Karrieren umfassen alle Sektoren: einschließlich gemeinnützige und profitorientierte Organisationen, die an diesen Problemen arbeiten, akademische Forschung und Stellen in der Regierung.

Über 9.000 Menschen haben über Giving What We Can versprochen, über 10 % ihres Einkommens an die gemeinnützigen Organisationen zu spenden, die sie für am effektivsten halten, und über 100.000 Menschen haben mindestens eine Spende basierend auf GiveWells Empfehlungen getätigt.

Ein häufiges Missverständnis ist, dass es bei Effektivem Altruismus nur um das Spenden von Geld an Wohltätigkeitsorganisationen im Bereich der globalen Gesundheit geht oder sogar darum, hochbezahlte Berufe zu wählen, um auf diese Weise mehr spenden zu können. Spenden dieser Art machen jedoch weniger als die Hälfte aller Spenden aus. Nur eine Minderheit von Effektiven Altruist:innen wählt hochbezahlte Berufe, um viel spenden zu können. Und außerdem geht es bei Effektivem Altruismus darum, nicht nur sein Geld, sondern auch seine Zeit effektiv zu nutzen.

Organisationen wie 80,000 Hours argumentieren, dass für viele Menschen ihre Berufswahl wichtiger ist als die Entscheidung, wo sie Geld spenden. Mehr dazu ist im Artikel „Missverständnisse zu Effektivem Altruismus” zu lesen.

In der Antwort auf die nächste Frage sind konkrete Beispiele verlinkt.

Wo finde ich Beispiele von Menschen, die in Effektivem Altruismus involviert sind?

Einige Beispiele:

Sollte ich es laut den Prinzipien des Effektiven Altruismus zu meinem einzigen Ziel im Leben machen, Gutes zu tun?

Nein, wie viel Du Dich darauf fokussierst, Gutes zu tun, und wie viel auf andere Ziele, ist eine persönliche Entscheidung.

Bei Effektivem Altruismus geht es darum, wie Du die Ressourcen, mit denen Du Gutes tun willst, möglichst effektiv einsetzt, und weniger darum, wie sehr Du Dich überhaupt darauf fokussierst, Gutes zu tun.

Oft inspiriert Effektiver Altruismus Menschen dazu, Gutes zu tun eine größere Bedeutung in ihrem Leben beizumessen — einfach weil sie realisieren, dass es möglich ist, mehr Gutes zu tun, als sie gedacht hätten.

Für die meisten in der Bewegung ist Gutes zu tun nur ein Ziel unter weiteren ethischen und persönlichen Zielen. Dementsprechend variiert auch das persönliche Spendenniveau: manche spenden über 50 % ihres Einkommens an gemeinnützige Organisationen, andere nur 1 %.

Deine persönliche Entscheidung wird sich wahrscheinlich teilweise nach Deinen ethischen Überzeugungen und teilweise nach Deinen Lebensumständen richten. Viele sind wegen ihrer Lebensumstände schlicht nicht in der Lage, es zu einem größeren Fokus in ihrem Leben zu machen, anderen zu helfen.

Selbst wenn Du Dich sehr darauf fokussieren willst, Gutes zu tun, ist es oft kontraproduktiv, es zu Deinem einzigen Ziel zu machen. Zum einen ist nämlich ungewiss, was wirklich ethisch von Bedeutung ist. Sich auf ein schlecht gewähltes oder unklar definiertes Ziel zu fokussieren und andere Überlegungen außer Acht zu lassen, kann schnell negative Konsequenzen haben. Zum anderen verträgt es sich nicht gut mit den mentalen Bedürfnissen der meisten Menschen, nur ein Ziel zu verfolgen. Für viele würde das Verfolgen nur eines Ziels unter Aufgabe ihrer eigenen Bedürfnisse die Wahrscheinlichkeit einer persönlichen Krise erhöhen, was wiederum bedeutet, dass es langfristig sogar für das Ziel, Gutes zu tun, kontraproduktiv sein kann, sich nur darauf zu fokussieren.

Warum sorgen Effektive Altruist:innen sich nicht um konventionellere Themen wie X und Y?

Eine wichtige Überlegung dafür, worauf man sich konzentrieren sollte, ist, wie die Gesellschaft derzeit Ressourcen verwendet. Wenn ein wichtiges Problem bereits weithin erkannt ist, dann versuchen vermutlich schon viele Menschen, es zu lösen. Das bedeutet, dass es für ein paar extra Personen für gewöhnlich schwieriger sein wird, viel zu bewegen. Bei sonst gleichen Bedingungen ist es in vernachlässigten Bereichen möglich, deutlich mehr Gutes zu tun. Man kann darüber als „Weltportfolio“ nachdenken — was wäre die ideale Aufteilung von Ressourcen für alle sozialen Zwecke? Wo sind wir am weitesten weg von dieser idealen Aufteilung?

Daher können die Hauptthemen im Effektiven Altruismus überraschend oder eng erscheinen. Oft konzentrieren sich die involvierten Personen schlicht auf die vernachlässigsten Themen.

Daraus folgt auch, dass sich die Wahl von Problemen mit der Zeit ändern wird. Wenn mehr Menschen sich für Effektiven Altruismus interessieren, dann werden die Themen, die heute im Fokus liegen, zunehmend weniger vernachlässigt sein. Die Gemeinschaft Effektiver Altruist:innen wird ihren Betrachtungsumfang dann ausweiten oder sich mit neuen Themen befassen.

Siehe weitere häufige Fragen zu Effektivem Altruismus.

Was sind häufige Kritikpunkte an Effektivem Altruismus?

Eine Auswahl (englischer) Artikel:

Und nun?

Wenn Du daran interessiert bist, mehr zu erfahren, kannst Du Dir die von uns zusammengestellten Listen mit den besten Ressourcen zu Effektivem Altruismus anschauen:

Melde Dich für den Newsletter an

Melde Dich hier für unseren Newsletter an. Wir verschicken monatliche Updates zu der neuesten Forschung sowie aktuellen Projekten und Ereignissen.  

Anmelden

Bei diesem Text handelt es sich um eine Übersetzung von What is effective altruism? in der Version vom Januar 2023. Der Text wurde an einigen Stellen angepasst, um möglichst relevant für den deutschen Sprachraum zu sein.

Recherche und Übersetzung von Jakob Blaumer und Stephan Dalügge, Darstellungen von Anton Finkeldei.

Dieser Text ist lizenziert unter Creative Commons Attribution 4.0 International.

1 Im Effective Altruism Forum findest du die weltweite Verteilung der lokalen EA-Gruppen. Dort sind Gruppen aus über 70 Ländern gelistet.

Je populärer ein Thema wird, desto eher werden die besten Möglichkeiten bereits ausgeschöpft sein und desto schwieriger wird es für eine zusätzliche Person, etwas zu bewirken.

In der Tat gibt es gute Gründe für die Annahme, dass sich die Renditen für Investitionen in die Lösung eines Problems in etwa logarithmisch verhalten.

Logarithmische Erträge bedeuten, dass, wenn 10-mal mehr in Problem A investiert wurde als in Problem B, zusätzliche Mittel für Problem A etwa 1/10 des Fortschritts erzielen werden.

Wenn wir voraussetzen, dass Problem A und B gleich wichtig sind, dann erzielt eine zusätzliche Person, die sich mit Problem B befasst, 10-mal mehr Wirkung.

Nach unserer eigenen Schätzung hat Deutschland zwischen 2012 und 2019 durchschnittlich rund 120 Millionen Euro pro Jahr in Pandemieprävention investiert. 

In den drei Corona-Jahren, die folgten, sind die Ausgaben rund um die Pandemiebekämpfung um ein Vielfaches gestiegen. Es ist jedoch äußerst schwierig zu benennen, welcher Anteil dieses Geldes der Prävention künftiger Pandemien zugutekommt. So wurde das Gros des bereitgestellten Geldes auf die „zentrale Beschaffung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2“ verwandt. Auch wenn aus der Logistik dieses Mammutprojekts vermutlich einige Lehren gezogen wurden, ist es wohl keine wirksame Präventivmaßnahme für den Ausbruch eines völlig anderen Virus. 

Angesichts des gravierenden Schadens, den künftige Pandemien verursachen könnten, gehen wir davon aus, dass auch noch heute, in den Nachwehen der Covid-19-Pandemie, adäquate finanzielle Mittel in diesem Bereich fehlen.

Zur Berechnung haben wir das Tool „Bundeshaushalt digital“ genutzt, um relevante Posten (beispielsweise „Stärkung der internationalen öffentlichen Gesundheit“ oder „Zuschüsse für Investitionen des Bundesinstituts für Risikobewertung“) zu identifizieren. Die jeweiligen Ausgaben haben wir schließlich zu einer Gesamtsumme addiert und durch die 7 Jahre des Beobachtungszeitraums geteilt. 

Hier findest Du die detaillierte Rechnung unter dem Datenblatt „Pandemieprävention“.

Die Terrorismusbekämpfung in Deutschland ist ein Projekt, an dem viele Akteure auf nationaler und EU-Ebene beteiligt sind. Auch lassen sich Antiterrorausgaben häufig nicht glatt von Ausgaben in benachbarten Bereichen, wie z. B. der Spionageabwehr, trennen. Entsprechend bitten wir Dich, unsere Angaben als grobe Schätzungen zu verstehen. 

In unsere Berechnungen haben wir folgende Bereiche eingeschlossen: Beitragszahlungen Deutschlands zum Internal Security Fund der EU und Europol-Budget, Zuschüsse für den militärischen Abschirmdienst und den Verfassungsschutz sowie Ausgaben für das Nationale Präventionsprogramm gegen islamistischen Terrorismus (NPP). 

Hier findest Du die detaillierte Rechnung unter dem Datenblatt „Terrorismusbekämpfung“.

4 Zwischen 1970 und 2020 forderte der Terrorismus weltweit etwa 456.000 Todesopfer. Dies geht aus der Global Terrorism Database 2020 hervor (abgerufen am 11. August 2022).

Wir wollen an dieser Stelle einen Kommentar von Our World in Data zitieren, in dem es heißt: „Die Global Terrorism Database ist der umfassendste verfügbare Datensatz über Terroranschläge und die jüngsten Daten sind vollständig. Allerdings gehen wir aufgrund unserer Analyse davon aus, dass die längerfristigen Daten unvollständig sind (mit Ausnahme der USA und Europas). Daher empfehlen wir diesen Datensatz nicht für die Ableitung langfristiger Trends der weltweiten Prävalenz des Terrorismus.“

Das bedeutet, dass die oben genannte Quelle wahrscheinlich eine zu niedrige Zahl bestätigter Todesfälle durch Terrorismus angibt. Doch selbst wenn wir davon ausgehen, dass die Zahl der Todesfälle auf dem Niveau des höchsten aufgezeichneten Jahrzehnts (2010-2020) seit 1970 liegt, würde die Gesamtzahl der Todesopfer immer noch „nur“ 1,2 Millionen betragen: weit weniger als die Zahl der Todesfälle durch Pandemien.

Zahl der Todesfälle durch Covid-19:

Nach Schätzungen der Zeitschrift The Economist belief sich die Zahl der durch Covid-19 verursachten Todesfälle im Juni 2022 auf insgesamt 21,47 Millionen.

Du findest diese Daten und das verwendete Modell unter Our World in Data (archivierte Seite, abgerufen am 28. Juli 2022).

Unserer Ansicht nach ist dies die bis dato beste Schätzung der Gesamtzahl der Todesopfer von Covid-19. Die Zahl der bestätigten Todesfälle liegt mit etwa 6 Millionen niedriger, jedoch schließt sie Todesfälle aus, die indirekt verursacht oder nicht gemeldet wurden. Die Methodik von The Economist vergleicht die überzähligen Todesfälle mit dem saisonalen Durchschnitt, um die Gesamtzahl der zusätzlichen Todesopfer zu schätzen und bereinigt für die Dunkelziffer.

Die Sterberaten durch Pandemien und Terrorismus unterliegen jeweils starken Schwankungen, sodass frühere Sterberaten das Ausmaß des zukünftigen Risikos in der Regel unterschätzen.

So ist es beispielsweise denkbar, dass Terrorist:innen in einer Großstadt eine Atomwaffe zünden, die möglicherweise über 1 Millionen Menschen tötet. Glücklicherweise ist ein solches Ereignis in den letzten fünfzig Jahren nicht eingetreten. Wäre es jedoch eingetreten, wäre es der Haupttreiber für die hohe Zahl terroristisch bedingter Todesopfer gewesen. Ebenso hätten die vergangenen 50 Jahre eine deutlich tödlichere Pandemie sehen können als Covid-19 oder HIV/AIDS. Beide Sterberaten weisen also eine sogenannte „Verteilung mit schweren Rändern“ oder „endlastige Verteilung“ auf. 

Die Schlüsselfrage ist nun also, welches der beiden Risiken — Terrorismus oder Pandemie — auf Grundlage der historischen Aufzeichnungen stärker unterschätzt wird (oder in anderen Worten: welche der beiden Sterberaten endlastiger ist). 

Es scheint plausibel, dass das Worst-Case-Szenario bei Pandemien schlimmer ist als beim Terrorismus. Es ist nicht auszuschließen, dass eine Pandemie auftritt, die infektiöser ist als Covid-19, aber eine Letalität von 10-50 % oder mehr aufweist. Außerdem scheint es in der Geschichte mehrere Beinahe-Ereignisse derartiger Pandemien zu geben.

Das Problem der fehlenden „Schwergewichte“ könnte Pandemien also in höherem Maße betreffen als Terrorismus. In der Tat ist der womöglich tödlichste terroristische Akt das Auslösen einer Pandemie.

Erinnern wir uns daran, dass die  Terrorismusbekämpfung in Deutschland mehr als doppelt so viele Mittel erhält wie die  Pandemieprävention, obwohl  Pandemien in der Vergangenheit offenbar 10- bis 100-mal mehr Opfer gefordert  haben. Vor diesem Hintergrund müssten die wahren Risikoprognosen sehr stark zugunsten des Terrorismus ausfallen, damit die derzeitige Ressourcenverteilung ausgewogener erscheint.

Die obige Analyse bezieht sich ausschließlich auf die Zahl der Todesfälle. Diese Größe eignet sich, da sie sowohl relevant als auch relativ gut messbar ist. Was wir nicht untersucht haben, sind die erheblichen indirekten Kosten, die durch diese Todesfällen entstehen. Ein umfassenderer Vergleich würde versuchen, diese zu berücksichtigen.

5 „Seit Beginn der Epidemie sind 40,1 Millionen [33,6 Millionen-48,6 Millionen] Menschen an AIDS-bedingten Krankheiten gestorben.“

Datenblatt HIV & AIDS von UNAIDS, archivierter Link, abgerufen am 11. August 2022.

6 Open Philanthropy ist eine Förderorganisation, die sich an den Prinzipien des Effektiven Altruismus orientiert. 2016 förderte sie erstmals das Johns Hopkins Center for Health Security. Seitdem folgten weitere große Zuschüsse, darunter einer über 14,2 Millionen Euro im Jahr 2017 und ein weiterer über 17,4 Millionen Euro im Jahr 2019.

7 38.659 Freiwillige (Stand: 7. Juli 2022). 1DaySonner 

8 Die von der UN definierte Grenze für extreme Armut liegt bei 1,90 $ pro Tag. Wir haben diesen Betrag auf der Basis der Wechselkurse von US-Dollar in Euro der vergangenen Jahre umgerechnet. Folglich definieren wir extreme Armut als ein Tagesbudget von unter 1,80 €.

Vor der Covid-19-Pandemie, im Jahr 2017, war die Zahl der Menschen, die über weniger als 1,80 pro Tag verfügten, auf 689 Millionen gesunken. Schätzungen deuten nun jedoch auf den ersten Anstieg der Quote extremer Armut seit 1998 hin, sodass aktuelle Schätzungen von ca. 731 Millionen Menschen ausgehen, die mit weniger als 1,80  pro Tag auskommen müssen.

UN-Nachhaltigkeitsziel 1 — Armut in all ihren Formen beenden. UN Statistiken, 2022. Archivierter Link, abgerufen am 26. Juli 2022.

Diese Beträge sind bereits um die Tatsache bereinigt, dass die gleiche Summe Geld in ärmeren Ländern eine höhere Kaufkraft hat. Diese Schätzungen bergen viele Unsicherheiten, aber es ist eindeutig, dass Hunderte Millionen von Menschen am absoluten Existenzminimum leben. Wenn Du Interesse an den Details hast, kannst Du Dich unter dem 80,000 Hours Artikel „How accurately does anyone know the global distribution of income?“ tiefergehend informieren.

9 Die Summe im Diagramm zeigt das durchschnittliche Bruttoeinstiegsgehalt von Deutschen mit Hochschulabschluss (Eine detaillierte Rechnung findest Du hier unter dem Datenblatt „Andere Quellen und Einzelnachweise“ in den Spalten E - F).

Dem Statistischen Bundesamt zufolge lag die Armutsgefährdungsschwelle für Alleinlebende 2021 bei 15.900 €.

15.900 / 365 = 41,12 € pro Tag.

Das ist mehr als das 20-fache der internationalen Armutsgrenze von 1,80 €, bereinigt um die höhere Kaufkraft des Geldes in ärmeren Ländern. 

Laut dem StepStone Gehaltsreport von 2021 (Seite 12) verdienten Deutsche mit einem Masterabschluss (beinhaltet alle Erwerbstätigen, die in Vollzeit arbeiten) im Jahr 2020 ein durchschnittliches Bruttojahresgehalt von 61.906 €.

61.906 / 365 = 169,1 € pro Tag

169 / 1,8 = 94-mal so hoch wie die internationale Armutsgrenze

Nach Berechnung mit dem interaktiven Lohn- und Einkommensteuerrechner des Bundesfinanzministeriums ergeben sich für eine alleinstehende, angestellte und von der Kirchensteuer befreite Person in Hamburg nach Abzug von Steuern 49.838 €.

Laut dem Rechner von Giving What We Can gehört man mit einem Gehalt nach Steuern von 49.838 € zu den reichsten 1 % der Weltbevölkerung.

10 Der in der Gesundheitsökonomie gängige Begriff für die Einheit eines „Lebensjahres in voller Gesundheit“ lautet  Qualitätskorrigiertes Lebensjahr (englisch: Quality Adjusted Life Year oder QALY). An dieser Stelle möchten wir hinzufügen, dass wir uns sehr bewusst sind, dass Gutes zu tun  mehr bedeutet, als Gesundheit zu gewährleisten. Dieser Text bezieht sich auf QALYs, da es sich um eine etablierte Messgröße handelt. Es gibt eine regen und aus unserer Sicht dringend notwendigen Diskurs, der versucht, bessere Alternativen zu identifizieren. Hier findest Du einen Artikel des Happier Lives Institutes, einer Organisation, die sich mit dieser Frage befasst. Bis bessere Alternativen validiert sind, greifen wir auf die allgemein akzeptierten QALYs zurück.  

Unseres Wissens nach wurde in Deutschland (im Gegensatz zu beispielsweise Großbritannien) bis dato davon abgesehen, eine Obergrenze für Kosten zu benennen, die das Gesundheitssystem für die Sicherung eines QALYs zu zahlen bereit ist. 

Um uns dennoch einer plausiblen Zahl annähern zu können, haben wir das folgende Beispiel verwendet:  

Das Prostatakarzinom ist bei Männern die häufigste Krebserkrankung und zweithäufigste Krebstodesursache (nach Lungenkrebs; Daten beziehen sich auf Deutschland). Dank moderner Behandlungsmethoden hat das Prostatakarzinom mittlerweile eine vergleichsweise gute Prognose (89 % 5-Jahres-Überleben nach Diagnose). 

Eine besonders vielversprechende Therapie stellt das Medikament Nubeqa© (Wirkstoff: Darolutamid) dar, dessen Nutzen 2020 in einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss bestätigt wurde. 

Für diese Behandlung konnte in der sogenannten ARAMIS-Studie ein Überlebensvorteil von durchschnittlich 20 Monaten gegenüber der bestmöglichen Alternativtherapie festgestellt werden.

Wenn man davon ausgeht, dass ein Individuum innerhalb dieser 20 gewonnen Monate trotz Therapie an einer Kombination zweier häufiger und einschränkender Symptome, Darmbeschwerden und Impotenz, leidet (gesundheitsbezogene Lebensqualität: 0,57; Stewart et al., 2005), würde sich immer noch einen Vorteil von nahezu einem QALY (20 Monate x 0,57 = 11,4 Monate) ergeben. 

Die jährlichen Kosten für die Behandlung mit Nubeqa© belaufen sich auf 57.743,52 € und werden (bei entsprechender Indikation) von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Folglich ist das deutsche Gesundheitssystem (in diesem häufigen Fall) bereit, für ein QALY über 50.000 € auszugeben. Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, welche Rolle Kosten-Nutzen-Bewertungen im deutschen Gesundheitswesen einnehmen, empfehlen wir Dir die auf dieser Webseite verlinkte Stellungnahme des deutschen Ethikrats.

11 2022 führte die Against Malaria Foundation (AMF) GiveWells Liste der besten Wohltätigkeitsorganisationen an. Laut GiveWell gelingt es AMF für einen Betrag von 5.500 $ (= 5238 €) „ein Leben zu retten“. (Mehr Informationen zu GiveWells Herleitung dieser Schätzung findest Du hier und hier.)

Die Weltbank setzt „die Rettung eines Lebens“ der Rettung von 30 QALYs gleich (Box 1.1.). Diese Umrechnung findet eine breite Anwendung in der globalen Gesundheitspolitik und ist allgemein akzeptiert. 

Unter dieser Annahme würde GiveWell in der Lage sein für eine Spende von 175 € ein QALY zu sichern

5238 / 30 = 174,6 €.

Vergleichen wir im nächsten Schritt GiveWells führende Maßnahme (AMF) mit der vorgenannten Kassenleistung im deutschen Gesundheitssystem (Behandlung von Prostatakrebs mittels Nubeqa©): 

50.000 / 175 = 285,71 ≈ 280-mal höhere Kosten für die Sicherung eines gesundes Lebensjahres

12 Auf ihrer Webseite gibt GiveWell an, dass sie zwischen 2009 und 2022 das Vertrauen von insgesamt 110.000 Spender:innen gewinnen konnte, die gemeinsam eine Summe von rund 1 Milliarde $ an die von GiveWell empfohlenen Organisationen gespendet haben. GiveWell rechnet damit, dass diese Spenden etwa „159.000 Leben retten“ werden.

Laut Weltbank ist ein Leben äquivalent zu 30 QALYs (Box 1.1): 

159.000 x 30 = 4,77 Millionen QALYs.

13 „Als Wave im Senegal startete, hätte unsere durchschnittliche Überweisung über das größte bestehende mobile Geldsystem das 3-5-fache gekostet. Multipliziert mit unseren Millionen von monatlich aktiven Nutzer:innen ergibt das eine Ersparnis von über 200 Millionen $ pro Jahr, ... etwa 1 % des senegalesischen BIP.“ Ben Kuhn, Leiter der Technologieabteilung bei WAVE, 8. Juli 2021. Archivierter Link, abgerufen am 24. Januar 2023.

14
 Gespräch: „Unser bestes, durchgängig trainiertes Meena-Modell erreicht einen... SSA-Wert [durchschnittliche Adäquanz und Spezifität; englisch: Sensibleness and Specificity Average] von 72 %... unser SSA-Wert von 72 % ist nicht weit von den 86 % SSA entfernt, die ein durchschnittlicher Mensch erreicht.“

Towards a Conversational Agent that Can Chat About…Anything. Adiwardana et al., Google, 28. Januar 2020. Archivierter Link, abgerufen am 28. Juli 2022.

Mathematik: Die Diagramme in dem beigefügten Artikel zeigen, dass Minerva von Google über 50 % der „Highschool-Mathe-Wettbewerbsaufgaben“ richtig löst. Andere Modelle, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen, lösen weniger als 10 % der Aufgaben richtig.

Minerva: Solving Quantitative Reasoning Problems with Language Models. Dyer et al., Google, 30. Juni 2022. Archivierter Link, abgerufen am 28. Juli 2022.

Witze: Googles KI PaLM kann noch nie dagewesene Erklärungen für Witze liefern, auch für solche, die nirgendwo im Internet zu finden sind. Zum Beispiel:

„Witz: Hast du gesehen, Google hat gerade einen Walfisch für sein TPU-Team eingestellt? Er hat ihnen gezeigt, wie man zwischen zwei verschiedenen Pods kommuniziert!“

Zur Erläuterung: TPUs sind eine Art von Computerchip, den Google für Deep Learning verwendet. Ein „Pod“ ist eine Gruppe von TPUs. Im Englischen ist ein „Pod“ auch eine Gruppe von Walen. Der Witz ist, dass der Wal in der Lage ist, zwischen zwei Gruppen von Walen zu kommunizieren, aber der Sprecher gibt vor, dass der Wal sei in der Lage, zwischen zwei Gruppen von TPUs zu kommunizieren.

Pathways Language Model (PaLM): Scaling to 540 Billion Parameters for Breakthrough Performance. Narang et. al., Google, 4. April 2022. Archivierter Link, abgerufen am 25. Januar 2023.

Bilder: Beispielbilder von OpenAIs DALL-E-2 findest Du hier.

Kodierung: In Abschnitt 3.1 des Salesforce-Fachartikels „A Conversational Paradigm for Program Synthesis“ über CodeGen, das KI-Tool, das menschliche Anweisungen in Code umwandelt, wird beschrieben, dass CodeGen einen HumanEval-Score von 75 % erreicht, was bedeutet, dass es 75 % der Programmieraufgaben lösen kann, die im HumanEval-Set mit gewöhnlicher menschlicher Sprache beschrieben werden.

15 Die Zahl der Forschenden in einem bestimmten Feld zu bestimmen ist ein schwieriges Unterfangen. Es ist schwierig, das jeweilige Themenfeld abzugrenzen, viele Forschende arbeiten an mehreren Themen und für das „Forscher:insein“ existiert keine einheitliche Definition. Diese Zahlen sind also als Schätzungen zu verstehen, die um den Faktor drei nach oben oder unten reichen und je nach Auslegung der Frage um eine ganze Größenordnung abweichen können.

Im Jahr 2020 veröffentlichten 87.000 Autor:innen KI-Forschung auf arXiv. Der 2020 veröffentlichte Global AI Talent Report von Element AI schätzt, dass weltweit sogar noch mehr Menschen an der KI-Entwicklung arbeiten: In den sozialen Medien werden 155.000 Menschen als in der KI-Forschung oder im KI-Engineering tätig ausgewiesen. Wir gehen jedoch davon aus, dass einige, die in der KI-Entwicklung tätig sind, nicht an der Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit arbeiten. Auf unsere Schätzung von 40.000 kamen wir, indem wir die niedrigere Schätzung von 87.000 grob halbiert haben.

Gavin Leech schätzte, dass im Jahr 2021 zwischen 270 und 830 Vollzeitbeschäftigte an der KI-Sicherheit arbeiteten. Die Obergrenze dieser Schätzung basiert unserer Ansicht nach jedoch auf einer zu weit gefassten Vorstellung davon, was Forschung zum Problem der KI-Sicherheit ausmacht, und ein Großteil der Summe wurde durch die Addition der Arbeitszeit von Forschenden ermittelt, die oftmals nur einen kleinen Teil ihrer Zeit für die Sicherheitsforschung aufwenden; unser Ziel ist es hingegen, die Anzahl der Forschenden zu erfassen, die sich hauptsächlich auf KI-Sicherheit konzentrieren.

AI Watch versuchte, die Anzahl der Forschenden im Bereich der KI-Sicherheit zu ermitteln und hat dabei 160 „nennenswerte“ Forschende gefunden, die sich dem Thema angenommen haben. Darunter viele, die seit über einem Jahr nicht mehr im Feld der KI-Sicherheit publiziert haben, während jeder der vorgenannten 87.000 in der KI-Verbesserung tätigen Forschenden im letzten Jahr publiziert hat. Andererseits könnte die Messlatte dafür,  „nennenswerte“ KI-Sicherheitsforschung zu betreiben, höher liegen als für das Veröffentlichen auf arXiv.

In der Zusammenschau einigten wir uns auf eine Schätzung von 300 Forschenden, die sich auf das Problem der KI-Sicherheit fokussieren. 

16 2021 wurden in deutschen Schlachtbetrieben 759,5 Millionen Landtiere für die Lebensmittelindustrie geschlachtet. Diese Zahl umfasst 662 Millionen Masthühner, 33 Millionen Puten, 34 Millionen Hennen aus der Eierindustrie, 52 Millionen Schweine und 15 Millionen andere Tiere (z. B. Rinder, Schafe, Gänse, Enten etc.). 

Da Tiere in Biohaltung in der Regel bessere (und oft trotzdem nicht ausreichend gute) Bedingungen erfahren, die nicht den Kriterien der Massentierhaltung entsprechen, haben wir sie aus der Schätzung ausgeschlossen.

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft gibt in Deutschland einen Marktanteil von Biofleisch von unter 5 % (Seite 17) an. 

759,5 x 0,95 = 721,52 ≈ 720 Millionen Tiere in Massentierhaltung in Deutschland. 

17 Laut einer Umfrage von Skopos im Auftrag des Industrieverbandes Heimtierbedarf lebten 2021 rund „34,7 Millionen Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Ziervögel in deutschen Haushalten. Hinzu kamen zahlreiche Zierfische und Terrarientiere.“ Weiterhin liegt die Zahl der deutschen Haushalte mit mindestens einem Haustier bei 47 %. 

720 / 34,7 = 20,75 ≈ 20-mal mehr Tiere leben in Massentierhaltung.

18 Dem Industrieverband Heimtierbedarf zufolge belief sich der Gesamtumsatz der deutschen Heimtierbranche im Jahre 2021 auf rund 6 Milliarden Euro .

Bei der Ermittlung unserer Schätzungen für die Investitionen in Nutztierwohl stießen wir auf das allgemeine Problem der Intransparenz im gemeinnützigen Sektor in Deutschland. Um dennoch eine plausible Zahl ermitteln zu können, haben wir beschlossen, zwei verschiedene Lösungsansätze zu verwenden und beide Ergebnisse in unsere Schätzung zu integrieren: 

Der erste versucht die Summe der Ausgaben einzelner gemeinnütziger Akteure zu ermitteln; der zweite geht vom gesamten gemeinnützigen Sektor aus und schätzt die Ausgaben für Nutztierwohl  auf Grundlage der Situation in den USA. 

Eine detaillierte Rechnung und Quellenangabe findest Du hier unter dem Datenblatt „Andere Quellen und Einzelnachweise“ in der Spalte M.

19 Laut dem USDA Egg Market Overview sind allein in den USA seit Mai 2022 106,5 Millionen Hennen in käfigfreier Haltung, verglichen mit nur 17 Millionen im Jahr 2016. Wir gehen davon aus, dass die Befreiung weiterer 100 Millionen Hennen in Europa auf die Arbeit der Open Wing Alliance zurückzuführen ist, auch wenn es schwieriger ist, diese Zahl konkret zuzuordnen.

Darüber hinaus haben die Tierschützer:innen nun Zusagen von Unternehmen erhalten, die, wenn sie umgesetzt werden, mehr als 500 Millionen lebende Hennen abdecken sollten.

20 In der Folge von Gesprächen mit dem GFI hat die US-Regierung die Bereitstellung von Fördergeldern in der Höhe von 10 Millionen Dollar für die Eröffnung eines Zentrums für Exzellenz in zellulärer Landwirtschaft an der Tufts Universität angekündigt. Im Vereinigten Königreich hat die unabhängige National Food Strategy eine Investition in Höhe von 125 Millionen Pfund in die Erforschung und Entwicklung alternativer Proteine empfohlen. Quelle: GFI Year in Review 2021 (Seite 3).

21 Die gesamte Chronologie der Prognosen ist auf Metaculus zu finden.